Quergedacht (Gastbeitrag von Jan)

 

 

 

 

 

 

 

..hallo, ich bin der Jan aus Kassel und ich fühle mich grad wie Mehmet Scholl... Ne, erinnert Ihr noch dem Mehmet seine Brandrede gleich nach dem gewonnenen Elferschießen gegen Italien 2016, is schon ‘ne Weile her, ich weiß und sie ist auch nicht ganz so spektakulär wie die Wutreden von Olli Kahn oder Rudi Völler an anderer Stelle, aber dafür hatte sie auch mehr Substanz als beide zusammen, wie der Mehmet dem Bundestrainer vorwarf, die DFB Elf immer viel zu sehr nach der Spielweise des Gegners einstellen zu wollen, statt sie mit breiter Brust auflaufen zu lassen, frei nach dem Motto ‚Hier kommt der Weltmeister und wer bitte seid ihr..?‘ Im Schach wäre der Jogi der typische Schwarz Spieler. Und dass er es mit den Weißen scheinbar gar nicht kann, hat er uns in 2018 gezeigt, als er annahm, unsere Gruppengegner würden sich von der Dominanz einer auf Ballbesitz und Passspiel eingestellten Weltmeistertruppe schon irgendwie genug einschüchtern lassen, mit angezogener Handbremse die  lästige Gruppenphase abzuhaken, so what, aber Pustekuchen, wir haben es erlebt, wie das ausgegangen ist, wie Spanien, Italien und Frankreich zuvor, was Jogi vielleicht auch mal hätte beachten können.., aber nee, so was passiert ja bloß den anderen, wie stets, mag sein, aber unseren Ruf als Fußball Weltmacht ruiniert man dann nachhaltiger und macht uns alle zu Mehmets, ne..? ..Vielen herzlichen Dank, Jan, ich übernehme hier dann mal für alle Leser, denen Fußball grad weit weniger wichtig ist, als was im Land mit uns geschieht, was sich noch in den letzten Jahresrückblicken zumindest auf der Meta-Ebene als Versprechen gezeigt hat, dass nämlich auch unser 2020 geiler wird, als so was für eine Mehrheit von anderen Orten in der Welt möglich ist und im Zweifelsfall heißt es bloß lapidar, “Tja selber schuld, liebe Leute, wenn ihr eure Angelegenheiten nicht geregelt bekommt."

 

Aber geben wir da grad wirklich ein besseres Beispiel an die Welt, ich meine, eines, das auch den alten Kaiser Wilhelm noch überzeugen täte, aber nicht mal in dessen Geisteswelt, wie es um die Bundeswehr und ihre Einsatzbereitschaft immer erneut in der Presse zu lesen ist, die Welt um uns erlebt es gerade oder könnte das tun (gäbe es nicht genug Krise im eigenen Land), wie Deutschland in der Pandemie auch nur noch mitschwimmt, zwar besser dafür ausgestattet als die meisten anderen Staaten, selbst innerhalb der EU und mit einer Verwaltung, die so organisiert ist, dass sie auch mit ¾ ihrer Sollstärke noch gut genug funktioniert, keine Unruhe auf die Straße zu bringen, abgesehen von der gallischen Minderheit der Jans und quer Denkenden und all ihrer Sympathisanten, also bitte…

 

Aber wenn hier weiter so gestümpert wird oder nach dem Motto ausgesessen, solange ich mich nicht davon erhebe, bleibt es mir immerhin erhalten.., könnten sich die Verhältnisse vielleicht doch nach einer Richtung hin ändern, von der wir uns gegenwärtig gar keine Vorstellung machen wollen, dass sie sich hier einstellen könnte, obwohl es in der Welt genug Vorbilder dafür gibt, wo eine allgemeine Lebenszufriedenheit der Bevölkerung kein Kriterium mehr für politische Ordnung ist, selbst wenn man eines guten Willens dazu wäre, versucht euch so was mal für Mexico vorzustellen oder in Weißrussland oder sogar in den höheren Etagen der drei amtierenden Weltmächte, zu denen wir nun nicht mehr gehören, was auch besser so bleibt, wenn es bloß aus imperialistischer Eitelkeit heraus gesucht wird, denn wo aller guten Dinge Drei ist, wie es doch stets heißt, gilt das dann wohl auch dem Schlechten und wie bei unseren Feiertagsgründen zum 9. November derzeit noch ein Gleichstand herrscht an guten und schlechten, lassen sich auch unsere beiden Kardinalstugenden Disziplin und Fleiß neben den damit geführten Weltkriegen auch nach der anderen Seite hin erleben, bei den Beatles etwa und warum sollte es uns also nicht gelingen, mit diesen Tugenden die größte Krise der Neuzeit dahingehend zu meistern, dass wir uns danach den sich im Hintergrund weiter entfaltenden, wirklich großen Krisen annehmen können.

 

Warum sollte es nicht cool sein können, Abstände zueinander einzuhalten oder gechillt zu sein gegenüber Schutzmaßnahmen, die sich hier mal nicht am eigenen Einkommen oder dem eigenen Status bemessen, auch wenn das gewiss vereinzelt gesucht werden mag. Es geht um uns alle, mehr oder weniger.

 

So viel Gemeinschaft hatten wir seit Bern nicht, Mehmet, jedenfalls als Gelegenheit dafür.

 

Und das galt schon damals in den Luftschutzbunkern: Wer immer nur meckert und mosert, der fliegt raus. Punkt.

 

Das Leben mag, wie Kurt Vonnegut empfiehlt, zum Herumblödeln gedacht sein, aber heißt das im Umkehrschluss, dass er keine Krisen darin erlebt hat, als ein Überlebender von Dresden?. Und klar, sie mögen sich wie Verlierer fühlen, ob durch die Schule ohne Abi-Feier oder die Absage des eigenen Geburtstags, wo sich manches Kind schon mit ..wie hieß die, Papa, Anna Strunk..? vergleicht, aber genau das ist das Leben, lernt es sich beizeiten vielleicht, lieber Jan.