Aus der Mitte will ein Fluss entspringen...

 

 

 

 

 

 

 

Mindestens einer meiner Großväter hat noch selbst erlebt, in einem Schützengraben zu sitzen.

 

Auch wenn ihm der Grund dafür nicht eingeleuchtet haben dürfte.

 

Drüben saßen nämlich Herzensfreunde, durch höheren Entscheid nun zu Todfeinden erklärt, sein persönlicher Beitrag zum großen Nibelungen Thema, dass uns seit ehedem ebenso beherrscht wie auch lähmt.

 

Ein geistiges Erbe kann eine ziemliche Last sein, für wahr.

 

Ein weltliches Erbe dagegen, bei dem es sich uns abzeichnet, dass mehr Last als Lust daraus entsteht, lässt sich leichterhand ausgeschlagen.

 

Und jeder sagt einem danach Schulter klopfend: „Richtig so…“

 

Aber hier? Meißeln sie es Dir höchstens in Deinen Stein: Gut gemacht, danken Volk, Vaterland und der Berufsverband der Steinmetze…

 

 

 

Wenn wir mal auf die andere Seite des großes Teiches schauen zu denen, die Zeit meines Lebens immer als groß und vorbildlich angepriesen wurden, was sogar unser gefühlt, ewiger Altbundeskanzler in gemeinsamen Werten angelegt gesehen hat, dann finden wir da heute ein Land, das fast ebenso tief gespalten scheint, wie es Deutschland nach dem letzten Krieg wurde, mit einer immer schmaler geratenen Demarkationslinie an politischer Neutralität.

 

Bei uns hieß die Todesstreifen.

 

Und in Großvaters Zeiten war das sein Niemandsland, in dem ein Überleben noch unwahrscheinlicher erschien als in den Gräben selbst und Weltliteratur kennt auch kein Beispiel eines solchen Versuchs, einen Hannibal Finn etwa, der sich über die Dauer des Krieges im Niemandsland durchschlägt mit allem, was ihm dort so vor die Füße fällt, der danach auswandert nach Amerika, um eine Praxis für Psychotherapie zu eröffnen oder ein Broadway Musical inszeniert, The Sounds of Silence...

 

 

 

In den Vereinigten Staaten scheint es heute auch zunehmend schwerer, sich nicht für Demokraten oder Republikaner auszusprechen, wie ich es hierzulande einst zwischen Linken und der Freiheit erinnere:

 

 

 

            Wenn Du nicht gegen sie bist, kannst Du nicht für Uns sein.

 

 

 

Nun haben beide amerikanischen Seiten zur Zukunft ihres Landes eigentlich mehr Gemeinplätze als Gegensätzliches, was ich damals nicht gespürt habe, wenn ich Bild las oder am Montagabend den Schwarzen Kanal schaute, wo ich mich schon mitunter fragte, ob das ZDF den Schnitzler vielleicht auslieh für Mittwoch einmal im Monat, als einen Gerhardt Löwenthal in der Maske hergerichtet und gegen harte Westmark, selbstredend, die ZDF Files, eine köstliche Vorstellung...

 

Und am Ende haben wir es vielleicht nur beiden großen Brüdern, in Ost und West zeigen wollen, wie gut wir Deutsche uns darauf verstehen, Lebensart zu verkörpern, wenn man die so von uns erwartet.

 

Dass es darunter eine verborgene Einigkeit zum Recht der Freiheit einer ungeteilten, deutschen Nation gegeben haben könnte, Schwamm drüber, sie hat sich uns letztlich eingestellt. So what, wie der Amerikaner sagt.

 

 

 

Oh, verstehe, da fehlen ja immer noch ein paar Teile am Reich…

 

Was hätte Dr. Frankenstein in diesem Fall getan?

 

Schon bemerkenswert, dass der drüben als Prototyp des verrückten, deutschen Wissenschaftlers gilt, obwohl er doch ein Schweizer gewesen ist.

 

Naja, Joe Sixpack und seine Geographiekenntnisse, mag man einwenden. Obwohl es hierzulande auch eher schlechter damit wird, was man so hört.

 

Und Frankenstein hat schließlich in Ingolstadt studiert, dieser verruchten Brutstätte der Illuminaten, also wie konnte er da auch geistig gesund bleiben?

 

 

 

Die Frage ließe sich allerdings auch mal über den großen Teich reichen, wo der New Frontier längst keine physischen Räume mehr zu erobern besitzt und sich auf Bilanzen und Index Notierungen verlegt hat, die es nun immer weiter nach oben zu verschieben gilt, wie sich beide politischen Lager darin einig sind und die Einflussnahme des nicht- weiß geborenen Amerikas auf Versprechen zur Veränderung zu begrenzen sucht, was allerdings keine der beiden Seiten öffentlich aussprechen mag und dort auch das trash- weiße Amerika eher verachtet („Lasst ihnen ruhig die Waffen und den Hass, die fühlen sich dann schon beschäftigt genug…“).

 

Die Polarisierung selbst ist natürlich ein Prozess mit enormen Gewinnen für jene, die am Ende beide Fronten als ihre Strohpuppen tanzen lassen, wenn man hier mal ganz vorsichtig das Terrain der Verschwörungstheoretiker betritt.

 

Dass der Amerikaner, dem man sein Geld entzieht, wie ein Verrückter tobend durch die Gegend zieht, beschreibt Robert Anton Wilson schon in den siebziger Jahren* des letzten Jahrhunderts. Aber ist die pure Gier, die sich hier mit Bio- Überlebensangst als Entzugserscheinung verbindet, wirklich ein rein amerikanisches Phänomen?

 

Oder haben geistige Strömungen hier lediglich ihr New Jerusalem gefunden, das in den achtziger Jahren mit Dallas und Denver Clan in unsere Wohnstuben zurück strahlte und nicht mal einen Juden dazu brauchte, selbst Cliff Barnes brauchte keiner zu sein? Und die Gier unter höheren SS Rängen und anderer Nutznießer ihrer Herrschaft über die moderne Sklavenarbeit wird von zahlreichen Zeit Zeugen erinnert.

 

Sie waren schlimmer als alles, was sie uns unterstellt haben…

 

(und warum wohl stellt Oskar Schindler eine Oskar reife Ausnahme da, mh?)

 

 

 

Und das ist, merkt auf, auch keine spezifisch, deutsche Charaktereigenschaft.

 

Ich erinnere mich, vor Jahren eine Dokumentation gesehen zu haben, in der eine polnische Jüdin, die der Vernichtung entronnen war, nach Jahren in ihr altes Dorf zurück gekehrt war, um noch einmal das Haus ihrer Eltern sehen zu dürfen, in dem nun ein polnisches Ehepaar lebte, auf Vaters alten Stühlen, wie es die Frau sah und zeigte sich immer noch erschüttert, während sie das erzählte, auch darüber, wie schroff man ihr dort begegnet war.

 

Nun glaubt es oder glaubt es nicht, in diesem Moment stieg eine Ahnung in mir auf, was nun geschehen würde, vielleicht weil ich Jahre zuvor mal etwas ähnliches in einer Donald Duck Geschichte gelesen hatte, vom Guten Zeichner, wie ihn die Fan Gemeinde jahrelang nannte, bis sein Name endlich bekannt gemacht wurde (denn wer für Disney zeichnet, merkt es, der zeichnet zuerst für Disney als Nutznießer des amerikanischen Traums..).

 

Die polnische Ehefrau trieb nämlich ihren Mann nach dem unerwünschten Besuch alsbald dazu an, nach den Diamanten zu suchen, die doch zweifellos noch irgendwo im Haus versteckt sein mussten (denn was sonst ließe einen Juden zurückkehren?)

 

Und der Mann folgte, wie in der Mär vom Fischer und demontierte das Haus Stück um Stück, bis nichts mehr übrig war. Keine Diamanten. Und kein Dach überm Kopf.

 

Wenn eine einzige Geschichte den Wahnsinn von Vorurteil und Gier in seinen Folgen zu veranschaulichen vermag, dann wohl diese.

 

 

 

Und stünde sie nicht auf einem Fundament von so monströsen Ausmaßen, die ein Adorno für sich als das Ende der Geschichte einzufassen gesucht hat, es ließe einen schmunzeln, wie das Leben seine Wege findet, Pointen zu erschaffen.

 

Wenn man sie denn als solche erkennen mag.

 

 

 

Ich weiß nicht, was Großvater, in seine damalige Lage gebracht, über sie gedacht hat, Herzensfreunde zu erschießen und von diesen angeschossen zu werden. Doch auch in seiner Geschichte gibt es eine Pointe, die ihn kurz vor Ende des nächsten Weltkrieges in eine fränkische Ortschaft geführt hat als Ausgebombter mit Familie, weiße Flagge in der Hand, mit der ihn die Ortsgranden den Amerikanern entgegen schicken, weil er doch Englisch spricht, wie man weiß und der Sergeant, dem er da auf dem Hügel über der Ortschaft begegnet mit klopfendem Herzen, der fragt ihn als erstes, wo er diesen Akzent gelernt hat, den Großvater spricht.

 

Im schottischen Hochland, antwortet der, und zwar in der Gegend von…

 

Welches die Gegend ist, aus der die Vorfahren des Sergeanten stammen, was zu einem regen Gespräch führt über alles, was Großvater von da nun zu erzählen weiß.

 

 

 

Und wieder einmal ist aus einer Mitte ein Fluss entsprungen…

 

 

 

 

 

*)Wilson, Robert Anton: Die Illuminati Papiere