Zu Dumm

..immer eine Option: sich hinter Papa verstecken
..immer eine Option: sich hinter Papa verstecken

 

 

 

 

 

 

Wie reagierst Du, wenn Du mit der Möglichkeit konfrontiert wirst, dass Du dumm sein könntest? Ohne, dass es als Beleidigung gedacht ist, meine ich.

 

Zumal das auf mich selbst ebenso zutrifft.

 

Allerdings tut es das und wie! Wenn meine eigene Klugheit Berlin wäre, dann wäre meine Dummheit Tokyo.

 

Das ist wahrscheinlich bei den meisten von uns so.

 

Lediglich die Städtenamen ändern sich.

 

Bestimmt hast Du mal von Andersens Märchengeschichte über die neuen Kleider des Kaiser gehört oder gelesen (wenn das nicht der Fall sein sollte, findest Du davon eine Kurzfassung im Web, also auf Wikipedia bestimmt).

 

Was denkst Du, hat all die Menschen, denen Du in dieser Erzählung begegnest, dazu verleitet, den offensichtlichen (und wann träfe dieses Wort je mehr zu) Schwindel nicht zu erkennen, bis das Kind auf der Straße es da ganz offen ausspricht:

 

                                    ..aber er hat ja gar keine Kleider an!

 

Ein ungemein geistreiches Beispiel gesellschaftlicher Wirklichkeit tischt uns Andersen hier auf. Doch was lässt diese Erzählung funktionieren?

 

Da gibt es den Kaiser, dessen Autorität über allen steht. Und wenn es ein unsichtbares Gewebe gibt, aus dem sich ein kaiserliches Gewand wirken lässt, dann ist das auch so, Punkt! Zumal das ganze hier am Widerhaken hängt, dass sein eigenes Unvermögen, den gewebten Stoff zu sehen, ihn für seine absolute Stellung als unwürdig ausweist.

 

Kann er so etwas zulassen? Natürlich nicht. Dass die Erde eine Scheibe ist, um die sich die Sonne dreht, war immerhin noch nach dem zweiten Weltkrieg (!) offizielle Lehre der katholische Kirche, auch wenn sie da schon längst nicht mehr imstande war, deren Zweifler auf die Scheiterhaufen zu schicken. Aber der Plot hat lange funktioniert...

 

Autorität hat schon immer die Realität anderer zu definieren vermocht, wie in 1984, wo es O’Brian dem gemarterten Winston Smith darlegt, wenn die Partei es behaupten täte, er, O’Brian könne sich in die Luft erheben und fliegen, tja dann könne er das auch und dies in Zweifel gezogen zu haben, ist dann ein Gedankenverbrechen, dass Smith hier auch zur Last gelegt wird und dem Kind bei Andersen (in einer mehr realistischen Variante) wohl den Kopf gekostet haben würde und den seiner Eltern noch dazu, ihr Kind so wenig konform (oder sittsam) erzogen zu haben.

 

Zu seinem Glück zeigte sich Andersens Kaiser hier einsichtig, mehr als wir das in der wirklichen Welt erleben, egal, in welche Talk Show man hinein zappt.

 

Ließe sich so ein Eingeständnis etwa bei einem Donald Trump vorstellen?

 

            Aber ich hatte ja gar keine Kleider an…

 

Du darfst gern bei einem englischen Buchmacher darauf wetten, aber das Geld verlierst Du, garantiert und könntest es daher auch gleich an Herrn Trump selbst überweisen.

 

Wenn Du Dich nun fragst, was bloße Angst vor der Gewalt einer Autorität, die jede Realitätsverzerrung und auch Hörigkeit bewirken kann mit dem Thema der Dummheit zu tun haben soll, dann könntest Du Dir selbst mal eine Auflistung der Dinge erstellen, vor denen Du Angst, sogar existentielle Angst empfindest. Tust Du das für Dich? Gut.

 

Wenn Du fertig damit bist, schlüpf doch einmal selbst in die Rolle des Kaisers und kleide Dich mit der klügsten Person, die Dir in diesem Zusammenhang einfällt und lasse diese Person nun Deine Ängste betrachten und hinsichtlich ihrer tatsächlichen Relevanz für Dein Leben analysieren.

 

Kriegst Du das auch noch bei Dir hin? Gut.

 

Es ist bestimmt eine interessante Erfahrung, plötzlich so viel klüger zu sein, eh?

 

Bist Du überrascht, wie wenig von Deinen Ängsten dabei tatsächlich real und auch substanziell sind? Oder hast Du sogar insgeheim damit gerechnet? Ängste, vielmehr Dein Empfinden von Ängsten sind ein Cocktail chemischer Substanzen, die alle im alchimistischen Labor Deines Selbst für Dich komponiert werden, vornehmlich um Dein Überleben zu sichern, wie bei allen Organismen, die solche Struktur ausgebildet haben, also ein Nervensystem und wie aus der Drogenkultur hinlänglich bekannt sein sollte, besitzen manche chemische Verbindungen Suchtpotential, dem gegenüber das Individuum sich mehr oder weniger robust zeigt, wenn man Darwin hier folgt.

 

Nun braucht es in dieser inneren Hexenküche neben einem Koch auch Rezepte dazu (das Molekül zum Auslösen einer Signaltransduktion innerhalb des Nervensystems heißt vielleicht gar nicht so zufällig Rezeptor).

 

Kurzum: Die äußeren Signale, die Dein Nervensystem täglich, tatsächlich jederzeit empfängt, selbst wenn Du schläfst, bestimmt am Ende auch den Grad Deiner Ängste und diese wiederum das Verhalten, dass wir an Dir erleben, wenn wir Dir begegnen.

 

Und je weniger wir dabei eigenen Rezepten folgen, also solchen, die wir an uns selbst entdecken, entwickeln und ausprobieren, umso anfälliger sind wir für die Rezeptideen anderer, die aus persönlichen Begegnungen entstehen, aber ebenso als Raum und Zeit übergreifende Signale zu empfangen sind, Höhlenmalereien als ihr Beginn, heute sind es Tageszeitungen und CNN, YouTube oder diese Zeilen.

 

Nächste Auflistung: Wer bestimmt Deine Realität? Das kann Dein Chef sein (oder Chefin oder als was immer SiErs sich empfindet), Dein Trainer, Deine Eltern, Deine Kinder, Deine Freunde, die Verwandtschaft, Nachbarn, Influencer, all die Held*nnen Deiner Kindheit (oder auch der böse Kerl aus dem Nebenhaus, der den ganzen Spielplatz im Griff hielt) und in Deiner Gegenwart sind das Politiker, die Du vielleicht nicht mal gewählt hast und auch nie wählen würdest (aber Du könntest es mal tun, nur um Dir zu beweisen, dass Du auch das kannst) und natürlich sind das auch all die Auswirkungen, die einstigen Kreationen in Deine heutige Gegenwart mit einbringen.

 

Gib ihnen Platz auf einer imaginären Torte und stelle fest, wie groß das Stück ist, dass Du, Du allein als Deine Realität aus Dir selbst heraus erschaffen hast.

 

Jetzt vergleiche dieses Tortenstück mal mit dem eines anderen, Einstein, Nietzsche, Joyce oder Beethoven oder auch Hitler, wenn Du den für würdig hältst und frage Dich selbst, was bei denen zu so viel größeren Stücken geführt hat.

 

Dass sie weniger dumm und eingeschüchtert waren als Du und darin beneidenswert?

 

Wirklich?

 

Friedrich Nietzsche litt unter schrecklichen Kopfschmerzen und endete im Wahnsinn, Adolf Hitler war unfähig zu lieben, Albert Einstein unglücklich verheiratet, Ludwig van Beethoven stocktaub und misstrauisch gegen andere, James Joyce erblindete und dennoch vertraute jeder von ihnen der eigenen Wahrnehmung dieser Welt mehr als dem diesbezüglichen Diktat einer Autorität oder der Gesellschaft, in der sie lebten und das macht ihre Bedeutung in der Welt aus.

 

Andere Menschen können Leitplanken unseres Weges sein in eine Zukunft, die derzeit beinah noch dunkler erscheint, als man uns das Mittelalter beschreibt, denn wo soll das alles noch hinführen und vor allem, wer soll die ganzen Probleme einer global vernetzten Welt sin den Griff kriegen, dass dabei am Ende mehr Gewinner als Verlierer entstehen und nicht nur auf unsere Spezies begrenzt? Jedenfalls nicht, solange wir keine gescheite Antwort darauf wissen, warum Gott ein Schnabeltier erschaffen hat…

 

Wenn Du meinst, dass Du dieser Mensch sein könntest, dann Respekt, lieber Donald, dass Du Deutsch zu lesen gelernt hast zwischen Deinen Hamburgern und Tweets, aber im Ernst, es wäre auch schon ein Anfang, wenn Du einer derjenigen sein wirst, der beginnt, sich mit den bio-chemischen Grundlagen eigener Dummheit dahingehend zu beschäftigen, sie nur bei sich selbst schon mal soweit in den Griff zu kriegen, dass die Welt tatsächlich an mehr kommenden Tagen interessanter, lustiger, bunter und auch spiritueller erscheint als ihr Gegenteil. Denn das ist derzeit immer noch bedrohlicher als Corona und all ihre möglichen Mutanten. Und zwar für uns alle.

 

Und das schließt Dich ein, immer…

 

Und Donald Trump auch.