Laaangweilig!

 

 

 

Fragt ein Vater den Sohn: „Kannst Du mir drei Deutsche Fußballmeister nennen?“

Schaut der Sohn ungläubig: „Gibt es noch andere..?“

Zugegeben, dieser Witz hätte sich auch gut Angela Merkel zuschreiben lassen.

Wenn sich Kinder denn nach etwas zu ihr fragen ließen.

Eigentlich stammt seine Herleitung schon aus der Adenauer Zeit.

Aber das ist eine andere Geschichte.

 

Wenn sich mit wenigen Worten beschreiben ließe, welche Veränderung die Kultur unseres liebsten Spiels durchlaufen hat, seit die Helden von München triumphierten als mein erster miterlebter (und mitgeteilter) Titelgewinn, es begänne unweigerlich in den frühen Achtziger Jahren. Nach einer Dekade kultureller Umwälzungen in den 1960er und den ihr folgenden 70er Jahren, in der Disco zum Ausdruck eines neuen Hedonismus wurde, zeigten sich die Achtziger  als eine Wasserscheide und das gleich in mehrerer Hinsicht:

Sie waren der Zeitraum einer umfassend geistig- moralischen Wende.

Die mit der Privatisierung von Fernsehen und Rundfunk einherging.

Sowie einer immer besseren und allgemeineren Bewältigung der Verarbeitung großer Datenmengen an Heimcomputern.

Und es gab einen Michael Milken, der die Finanzmärkte entfesselte und auf den Weg nach 2008 und in die Alternativlosigkeit schickte.

Im Feuilleton oder im Berufsleben machten wir die Bekanntschaft mit einem neuen Typ Erstbestimmer, dem Yuppie, der bald auch Einzug in die Politik hielt mit einem Bill Clinton als Flaggschiff.

 

Und weil sich Leistung nun frei von den Begehrlichkeiten der Sozen wieder lohnen sollte und neue, freie Sender Einschaltträchtiges mit einem enormen und nicht immer schlüssigem Investitionsetat in ihre Programmauswahl mit einzubeziehen suchten, war der Fußball nun auch dort zu sehen, wo jederzeit zu befürchten war, dass eine andere Stimme als die des Kommentatoren sich einbringen könnte:

 

          Der folgende Platzerweis wird Ihnen präsentiert von der Allianz Versicherung.

           (hoffentlich Allianz versichert...)

 

Wahrscheinlich könnte es schon als eine Erklärung genügen, einem heutigen Fußball-im-TV Gucker aus  den Post 70er Jahrgängen das WM Viertelfinale zwischen Deutschland und Weltmeister England in der Original Reportage schauen zu lassen, einer Neuauflage des voran gegangenen Endspiels immerhin! Und was hören wir, teilweise über Minuten? Nichts! Nur das Publikumsrauschen. Und wenn man dieser Test Person nun für jede Auffälligkeit dieser Reportage, die sie benennt,  einen Preis zuspricht innerhalb von 15 Sekunden,(Dalli, Dalli!) käme sicher einiges zutage, was diese Themenfrage betrifft, vor allem, dass es in der Reportage weitgehend an Statistik fehlt.

 

Die Bundesliga Vereinspräsidenten früherer Jahre mochten als honorige und oft auch als ehemalige Vereinsgrößen der statistischen Lehre deutlich weiter entfernt sein als den Weisheiten Sepp Herbergers und wo sie nicht durch zeitgenmäßes Management in ihrem Wirken beschränkt wurden, kam es für viele Traditionsklubs zu Bundesliga Abstiegen.

 

Heute hat sich eine neue Fußballweltordnung gefestigt und in ihr regieren neben den Statistiker vor allem die Wirtschaftsanalysten, die Sponsoren und Investoren und das neue Trainerideal, dass den Statistikern weit mehr vertraut als einem Sepp Herberger und so ist in den letzten Jahren das Bonmot über den Reiz des Fußballs, zu dem  man hingehe, weil man nicht wisse, wie er ausgeht zvon der Gewissheit verdrängt worden, dass am Ende immer Bayern München die Deutsche Meisterschaft gewinnt.

 

Was ist das?

Laaangweilig!

Eben.

 

Aber wenn es denn gar nicht stimmt, wie der lokalpatriotische Fan hier seinen Glauben lebt, dass dies auch ruhig so bleiben darf, solange alle ihr gutes Geld daran verdienen, weil er, der Fan ihnen das alles bezahlt und der Steuerzahler natürlich, wenn er Abschreibungen von Werbungskosten  begleicht, selbst wenn er den Fußball verabscheut, wie ein alter Freund, der immer noch versucht, dass steuerlich geltend zu machen, aber keine Chance, mein Alter...

 

Wenn sich der eine oder der andere treue Fan als Leser hier angegriffen sieht, bitte, jeder kennt den Reiz einer unerwiderten Liebe (oder sollte ihn kennen), das ein, ein einziges Mal die Treue belohnt wird durch einen unerwarteten Pokalsieg (nach einem Ausscheiden der Bayern selbstredend) oder dem Erreichen der europäischen Fleischtöpfe, auch ich habe mich dem immer wieder hingegen und die süße Enttäuschung, die noch jedes Mal drauf gefolgt ist, vielleicht macht sie es aus, dann kein Fan des FC Bayern sein zu wollen.

Denn das da gefeiert wird, steht vor jeder Saison fest.

 

Noch mal, was ist das ?

Laaangweilig!

 

Wenn es aber gar nicht stimmt und es immer noch Leute im Fußballbetrieb gibt, Präsidenten, Manager, Ehrenspielführer, Spielerberater, Profis, die ehrlich gewillt sind und von dem Wunsch getrieben, dieser 1000 jährigen Ligadominanz ein Ende zu machen, bereit, zu den Stauffenbergs der DFL zu werden, nützt es wenig sich zu fragen, wie das eigentlich alles mal angefangen hat. Die Verhältnisse haben sich derart etabliert, dass selbst die untersten Vereinen im Rahmen ihrer gegebenen Möglichkeiten diesem Vorbild nacheifern und sei es in der Sprache ihrer Vereinsmagazine, nein, wenn ihr wirklich noch mal einen echten Wettkampf und andere deutsche Meister erleben wollt, dann müsste zuerst mal der Amitierende weichen und da das selbst dann nicht geschieht, wenn ihm Geheimverträge mit einem Sportausrüster nachgewiesen werden, wie sich uns einst gezeigt hat, möchte ich einen anderen Weg vorschlagen, einen, der schon früher auf dem Spielplatz funktioniert hat, wenn der unbeliebte Erstbestimmer dazu kam:

 

Wenn das erste Heimspiel der Bayern auch noch als ihr erstes Spiel angesetzt ist und live im Fernsehen zu verfolgen mit einer maximalen Aufmerksamkeit, wäre das natürlich noch verstärkend, aber auch bei einem eigenem Heimspiel übernimmt der Gegner der Bayern nach dem Anpfiff sofort die Rolle von Christen im Colosseum. Heißt, er spielt nicht mit bei der Show, überlässt den Bayern sofort und immer wieder den Ball, nimmt Gegentore hin, wie sie dadurch zwangsläufig fallen und wenn im Verlauf des Spiels immer mehr Spieler des Feldes verwiesen werden, weil sie wiederholt ihrem Gegenspieler den Ball mit der Hand zuwerfen, muss schließlich der Schiedsrichter die Partie irgendwann abbrechen. Die danach wahrscheinlich mit einem 3:0 gewertet wird als ein typisches Ergebnis der Bayern (fragt die Statistiker).

Aber stellt euch die Reaktion eines Münchener Publikums vor, für Platzkarten weit über 100€ bezahlt und sieht dann so was, während ein eigenes Publikum dieser couragierten Leistung laut applaudiert.

 

Was ist das?

Garantiert nicht langweilig.

 

Und schlimmer noch für die Münchener Fans, ihre Bayern kriegen nun keine Gelegenheit, dass wieder gut zu machen, denn beim nächsten Spiel wird es nicht anders.

Was meint ihr, wie lange  Bayernspieler so etwas durchhalten, ohne irgendwann auf dem Zahnfleisch zu kriechen in so einer Farce, zumal der europäische Wettbewerb sie natürlich ganz anders herausfordert?

Am Ende wäre Bayern wohl mit einem Punkterekord Meister und gleichzeitig das größte nationale Kassengift.

Während es die anderen Vereine mit Eifer um den Meister der Herzen ausspielen.

Und da die Gelder ansonsten weiter fließen wie benötigt, ließe sich das fortsetzen, bis die Bayern einer transnationalen Liga beitreten, für die man sich interessieren kann, aber nicht muss und die nationalen Wettbewerbe fortan ohne sie ausgetragen werden.

 

Und die süße Genugtuung, dass man bestimmt wieder Meister und Pokalsieger geworden wäre, hätte man mitgespielt, sei ihnen als ein Abschiedsgeschenk vollauf zu gönnen.

Uns hat das Spiel auf dem Spielplatz danach auch wieder viel mehr Spaß gemacht.