Der Tag des Herrn (Nachschlag)

..wieder an der Hose gescheitert
..wieder an der Hose gescheitert

 

 

 

                                            Heute ist der Tag des Herrn

                                       Und das haben wir so gern

                                       Die Welt ist wunderschön

                                       Wenn wir am Tresen steh'n

                                       Und alles schönes doppelt seh'n

       
                                                                                     (Henry Vahl)

 

 

 

 

Na, welchen Einfluss hat der Alkohol so auf euer Leben?

Ich meine nicht bloß euer persönliches Trinkverhalten oder was ihr bevorzugt, sondern auch und vor allem, welchen Einfluss der Alkohol durch andere auf eurer Leben bereits genommen hat, hergeleitet von der eher nüchternen Feststellung, dass, was gängiger weise als Alltagsschmiermittel genutzt wird, den Bayern sogar als Grundnahrungs-mittel gilt und Aussagekraft über gelungene Oktoberfeste besitzt, für einen erheblichen Teil menschlicher Tragödien Pate stehen dürfte und dies so unerschütterlich fest eingeschrieben in unser aller Leben, wie es sich die 10 Gebote oder die Bergpredigt inzwischen nur noch wünschen können, fordert die Macht Alkohol Jahr für Jahr sogar die Himmelfahrt Christi heraus, Event immerhin, als das es heute bezeichnet würde, denn der da auffuhr, war ins Leben zurück gekehrt und was einem biologischen System individuell möglich ist, tja, das kann danach von Gleichgearteten adaptiert werden.

Mein Großvater und seine Beziehung zum Alkohol erinnere ich an das Lied von Henry Vahl angelegt. Es wurde wohl viel getrunken, daheim und auswärts, die Zeiten waren danach. Aber er ist auch schon gestorben, als ich knapp 2 Jahre alt war und den Alkoholismus seines Sohnes, meinem Onkel, dessen Namen ich im Ausweis trage, habe ich in dessen Verelendung noch 30 Jahre miterleben können, bis die Mutter, also meine Großmutter, zu der er in seinen letzten Jahren zurückgekehrt war, ihn an einem Morgen tot neben der Toilettenschüssel fand.

Als kleiner Junge, der eben zu lesen gelernt hatte, war ich schon eine Weile zuvor endlich imstande gewesen, vor einem Spruch-Zierteller in Omas alter Wohnung zu stehen und nichts da mit „..es war einmal eine kleine Prinzessin…“  Da stand sinngemäß, zwar werde die halbe Menschheit von Alkohol und Nikotin dahingerafft, doch ohne Schnaps und Rauch stürbe die andere Hälfte trotzdem.

Nur tut sie es vielleicht nicht ganz so elend, falls ihr das schon mal miterlebt habt.

            Der folgende Tod wird Ihnen präsentiert von Chantré, weich und blumig…

Damals habe ich vieles nicht verstanden wie heute, wen wundert’s?

Nicht wie die Ehe meiner Eltern vom Alkohol allmählich ausgetrocknet wurde.

Oder die Ehen ihrer Freunde, heute das Leben alter eigener Freunde, die Leben von Nachbarn, von Prominenz, von Klienten auch.

In meinen bald 30 Berufsjahren kann ich auf nicht einen zurückblicken und sagen, dass er vom Alkohol abgelassen hat für ein anderes, ein so unvorstellbar besseres Leben.

Vielleicht mag genau das der Grund sein, dass ein solches Leben unvorstellbar ist.

Vielleicht tauge ich auch nicht zu meinem Beruf. Wäre möglich.

Vielleicht ist Alkohol aber auch ein wahrhaft mächtiger Gegner, sieht man was er den Schweden und Nativ Americans angetan hat.

Könnt ihr euch denn ein Leben ohne Alkohol vorstellen, diese köstliche Stimulanz?

Nun, was Großvater, den Onkel und all die anderen betrifft, denen der Alkohol ihr Ableben beschleunigte, so ist mir aufgefallen, dass sie die besseren Jahre ihres Lebens wohl hinter sich wähnten, ihre Zukunft ihnen dagegen lediglich als eine tägliche Wiederholung dieser Erkenntnis vor Augen stand, wenn sie am Morgen in den Spiegel schauten.

Vielleicht ist wahr, dass zu Leben dem Bergwandern gleicht, dessen Widrigkeiten und Umwege uns erst zu den Persönlichkeiten macht, die wir nun sind. Und jenseits des Gipfelkreuzes, dem Höhepunkt unseres persönlichen Energielevels, gibt es nur noch den eigenen Abstieg, das Weniger für uns.

Aber was ist mit all den anderen Bergen?

Der Zeitraum vom März 1998 bis zum März des Folgejahres, auf den ich bereits in WARTZEZIMMER Bezug nahm, führte mich am Ende zu der Erkenntnis, selbst wenn das Beste am Leben nun erlebt war, würde ich es mir im Rest mit Selbstachtung und Wohlgefühl irgendwie einzurichten lernen.

Unterstützt hatte diese Einsicht eine Kette an Begegnungen mit Menschen, die mitunter lieber tot zu sein wollten (wie sie offen sagten), oder sich in den Zwängen konformen Verhaltens so fest verstrickt hatten, dass es in ihnen unentwirrbar erschien, die einmal genommenen Gleise an einer möglichen Abzweigung wieder zu verlassen. Immerhin weiß man da ja, wohin man da fährt.

                        Ziel Ihrer nächsten möglichen Abzweigung: Ungewiss…

Einen Monat nach meiner Entscheidung zum Leben lernte ich meine Frau kennen.

Wir gründeten eine Familie, ein Abenteuer allemal, für jeden von uns.

Ich wurde in den Jahren, die kamen, frei von all meinen angehäuften Schulden.

Wir haben uns vor 6 Jahren ein Haus gekauft, unsere Heimstatt.

Und vor 3 Jahren habe ich tatsächlich noch meinen Führerschein bestanden.

Ich liebe es seitdem, Automobilbeweger in einer Verkehrsgemeinschaft zu sein, die mir in der Zeit als Krieg auf deutschen Straßen angekündigt wurde, ich tatsächlich eher Rücksichtnahme und Freundlichkeit erlebe, selbst in Corona Zeiten.

Ist inzwischen ein nettes, kleines Gebirge geworden, seit ich von meinem Berg herunter bin, mh?

Wenn ihr also wirklich überzeugt seid, dass eure Leben so rein gar nichts bewegendes mehr für euch bereithalten, dann ist das auch okay.

Zumal die Kneipen irgendwann wieder geöffnet haben werden.

Und wohlmöglich seid ihr auch souveräner mit euren Hosen.