Grad kam mein Sohn zu mir gelaufen und fragte, warum die Avengers nicht längst dem Krieg in der Ukraine ein Ende gemacht haben, indem sie Putin einfach aus Moskau heraus holen und ihn vor Gericht stellen.
„Wegen dieses Sukovia Abkommens, mein Sohn“ hab ich ihm geantwortet, „denn das beschränkt die Avengers seit seinem Inkrafttreten darin, ohne einen Auftrag der UN tätig zu werden und gegen einen solchen Beschluss gäbe es dann ja das Veto Russlands im Sicherheitsrat, ganz wie Steve Rogers es vorher gesehen hat.
Schöne neue Welt...
Zu einer anderen Gelegenheit hat er mich gefragt, wie meine Meinung zum gegenwärtigen Krieg in der Ukraine ist.
„Wenn ich ihn wirklich als Krieg anerkenne, verlasse ich damit schon mal die Position, die der russische Präsident Putin seinem Volk derzeit auf oktroyiert, dass es sich hier um eine militärische Spezialoperation zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung eines bedrohten Brudervolkes handelt. Und wenn ich das so sage, bemerke ich das darin durchschimmernde Zwanghafte, das mit jenem kürzlich erlassenen Gesetz einhergeht, dass die Bezeichnung Krieg innerhalb Russlands mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestrafen kann und ein russisches Straflager ist etwas ganz anderes als Dein Zimmer aufräumen zu müssen, das hat sich mir aus der Lektüre des Archipel Gulag von Alexander Solschenizyn offenbart, in dem das Zwanghafte in der Sowjetunion unter Stalin obligatorisch wurde. Willst Du ein Beispiel aus diesem Buch hören, es ereignete sich bei einer regionalen Versammlung, wo natürlich ein Grußwort des Genossen Stalin verlesen wurde, auf das ebenso natürlich (weil es so erwartet wurde) alles aufstand und applaudierte, der Versammlungsleiter auf dem Rednerpodest darin vorweg und es klatschte und klatschte und klatschte und klatschte und stell Dir vor, es wollte nicht aufhören, weil niemand darin einen Anfang wagte, schmerzhaft begann sich manches Gesicht zu verziehen und doch wurde weiter geklatscht und geklatscht und geklatscht und als der Versammlungsleiter dann endlich damit aufhörte, weißt Du was ihm passiert ist? Er wurde am nächsten Tag verhaftet und kam nach Sibirien mit den Worten auf den Weg: ‚Und hören Sie nie wieder als Erster auf zu klatschen‘, das klingt beinah unglaublich, oder? Ist aber passiert und nicht nur da und nach der Lektüre habe ich das erste Mal ein Gefühl dafür bekommen, wie befreit sich mancher Russe gefühlt haben mochte, als 1941 die Deutschen erschienen.
Ein tragischer Irrtum, wie wir heute wissen.
Und eine der größten vertanen Chancen der Weltgeschichte, wenn man sich die heutigen Folgen vor Augen führt…
„Pfui, Papa, das ist Nazi-Denken...“
„Nur wenn man sich deren Verachtung für das Andere zu eigen macht und ihre Vision einer großgermanischen Zukunft teilt. Andererseits hatten die europäischen Demokratien der dreißiger Jahre, hatte keine von ihnen, nicht Frankreich, nicht England diesen Willen zur Macht, den Du Dir von den Avengers wünscht, dem jetzigen Krieg in der Ukraine ein Ende zu setzen. Hätte Sowjetrussland nicht diese große Säuberung innerhalb des Militärs erlebt, die auf Stalins Paranoia zurückgeht, er wäre vielleicht schon am Ende der dreißiger Jahre imstande gewesen den Westen zu erobern und dann lebten wir tatsächlich in der von Orwell beschriebenen Welt eines ewigen 1984.
Die gleichwohl nur aufgeschoben scheint.
Und was hat sich nicht alles in diesen geborgten Jahren an Hoffnungsfrohem ereignet, Love & Peace, die Wurzeln einer globalen Spiritualität, der stetige Rückgang von Krieg, Gewalt, Hunger und Krankheiten, die stetige Zunahme der Teilhabe am globalen Reichtum, leider unter rücksichtsloser Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, was sich jetzt bitter rächt in der Welt, wie es sich uns zeigt. Doch wie sich diese alten politischen Geister nun zum Ringen um die Weltherrschaft wieder aus ihren Gräbern erheben, zerstört nicht zuletzt auch die Ressourcen und die Aufmerksamkeiten für ein Stoppen des Klimawandels. Es ist schlicht zum Verrückt werden und manchen Stimmen zufolge hat es bei mir schon gute Wege damit…, möchtest Du ein Beispiel hören?“
(klar wollte er..)
„Neulich habe ich in einer Diskussionsrunde vorgeschlagen, ob es der Welt nicht weiterhelfen könnte, wenn alle Atomwaffen, so sie nun mal existieren und nicht auf sie verzichtet werden will, auf alle Länder der Erde paritätisch verteilt werden sollten, damit jedem Land die Möglichkeit zur Vernichtung gegeben ist und die sogenannten Stellvertreterkriege der Vergangenheit damit nicht mehr so leicht wie bisher geführt werden könnten. Außerdem gäbe es dann keinen Grund mehr, einzelnen Mitgliedern im UN Sicherheitsrat ein Vetorecht zu zugestehen und Entscheidungen könnten verbindlich getroffen werden und zwar progressiv, nämlich mehrheitlich bei solchen, die nicht einzelne Länder betreffen und mit Zweidrittel Mehrheiten oder Dreiviertel Entscheidungen, wie etwa zur Entsendung der Avengers nach Moskau. Aber in solchen Vorschlägen sehen die arrivierten Mächte eher das, was sie dabei verlieren und nicht das, was sie gewinnen könnten, vor allem nämlich das Vertrauen der Länder, denen bisher wenig Anlass dazu gegeben wurde und das wirklich ein Land seine Atomwaffen gegen ein anderes einsetzt ist natürlich eine spannende Frage, wenn man an Gestalten wie Idi Amin oder Saddam Hussein denkt, aber ist der nordkoreanische Kim- Gott nicht ebenso totalitär verrückt und besitzt ja sogar Atomwaffen, aber er weiß genau, wenn er davon Gebrauch macht, war es das mit ihm und in dieser Abschreckung, die uns während des kalten Krieges Love &Peace ermöglicht hat, liegt eine echte Chance für die kulturelle Entwicklung der Welt, auch jenseits eines eigenen Verrückt-Seins, also warum, verflixt, es nicht mal so versuchen? Als man in Irland Bürgerräte geschaffen hat, um die Gleichstellung der homosexuellen Ehe aus der Bevölkerung heraus zu entscheiden, hat sich nämlich gezeigt, dass die dafür berufenen Menschen sich innerhalb eines solchen Gremiums ganz anders gezeigt haben als an ihrem Stammtisch oder sie das selbst von sich gedacht hätten, doch allein das Gefühl, mit einer solchen Aufgabe betraut zu sein, hat etwas in ihnen verändert und warum sollte das nicht auf einer höheren Ebene ebenso geschehen können..?
Aber es gäbe noch weitere Alternativen. Wenn Präsident Putin der Ukraine ein Existenzrecht abspricht und auch einzelnen Worten, kann man, dieser Logik schlichtweg folgend Russland im Westen natürlich auch in MORDOR umbenennen, schon um die Tik Tok Generation mit ins Boot zu holen, die wissen dann ja sofort, was Sache ist und welchen Part Putin darin einnimmt, oder Wormtongue Orban oder Sarumine Le Pen oder auch der alte Donald ‚Gollum‘ Trump (‚My Deeeaal..‘) und bauen dann noch einen gut zwei Kilometer breiten Kanal von der Ostseeküste bis ans Schwarze Meer, als eine klare Grenze zwischen denen und uns, was nebenbei auch den Anstieg des Meeresspiegels etwas aufhalten täte und bei der Durchführung natürlich eine Menge Arbeitsplätze schaffen würde, obwohl Stimmen sagen werden, dass wir das russische Volk doch bitte nicht so endgültig von uns wegstoßen, schließlich war auch das historische Mordor nicht nur von Orks bevölkert, wie beim Lesen des Buches vielleicht voreilig angenommen wurde und wozu gibt es Brückenbau, der sich gemeinsam tun lässt, der Anstieg des Meeresspiegel hingegen bleibt ja ein zukünftiges Problem, dem sich angenommen sein muss, egal welche Seite letztlich die Deutungshoheit gewinnt.“
„Ein Typ aus meiner Klasse hat neulich gesagt, dass sein Vater sagt, dass wir alle von unseren Medien belogen werden, was diesen Krieg betrifft und auch generell, zu Corona und so…“
„Der Vater dieses Jungen hat sicher recht darin, wenn er feststellt, dass sich grad in Kriegszeiten die Wahrheit als erstes verabschiedet und wir nur noch das zu hören bekommen sollen, was unsere Haltung gegenüber einem Feind verstärkt. Das geschieht grad in Russland, indem alle ausländischen Medien nicht mehr zugänglich gemacht werden und geschieht auch hier, wo alle kritisch hinterfragenden Stimmen aus der öffentlichen Wahrnehmung heraus gefiltert und in die Internetkanäle getrieben werden, die sich dann leicht als unseriös diffamieren lassen. Aber solange wir nicht selbst in die Ukraine fahren, um festzustellen, dass dort eigentlich gar nichts geschieht, außer dass Filmteams im Stil von Wag The Dog agieren, können wir immerhin feststellen..,
dass Präsident Putin kurz vor dem russischen Einmarsch eine Anerkennung der beiden Separatistengebiete Donezk und Luhansk durch sein Parlament hat absegnen lassen, wozu es filmische Beweise gibt, die allerdings nur insofern Beweiskraft haben, als die dort gesprochene Sprache für uns korrekt übersetzt worden ist. Wenn wir es genau wissen wollen, müssten wir also erst einmal russisch lernen.
Dann hat Präsident Putin eine militärische Spezialoperation angeordnet, mit der die Ukraine entmilitarisiert und entnazifiziert werden soll und als deren Folge sind große Kontingente der russischen Armee in die Ukraine einmarschiert.
Zugleich hat Putin gewarnt, dass jede Einmischung anderer Mächte in dieses Vorhaben auf eine Art beantwortet wird, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat, womit er nach Meinung Vieler seine nukleare Macht in den Skat gelegt hat, ganz so, wie ich früher bei Deinem Widerwillen mit der Oberhexe gedroht habe, also nach dem Motto, ‚Gib es auf, ich habe die größere Keule und bin gewillt sie zu benutzen‘, wobei ich sie Dir gegenüber nicht benutzen wollte, mein Sohn, ich war nur mit meiner Weisheit am Ende in solchen Momenten, vielleicht wie Putin selbst grad und alle Länder, die nicht weit genug von Russland entfernt liegen, haben jetzt natürlich mehr oder weniger berechtigte Sorgen, dass die direkte Teilhabe an der Verteidigung der Ukraine sie alles verlieren lassen könnte, was sie jetzt noch haben, also nachdem Corona schon so viel an ihrer Substanz gekratzt hat.
Das ist in der Tat eine kluge Drohgebärde Putins, die gleichwohl verifiziert ist, also lässt sich durchaus feststellen, wer hier zum Tanz aufspielt, obwohl die Ouvertüre dazu schon seit 2014 läuft und die Bevölkerung in den Separatisten Gebieten eine Menge schrecklicher Reaktionen auf ihr Bestreben erfahren hat, die auch filmisch dokumentiert sind, etwa in dem nicht leicht zu findenden Ukrainian Agony, gleichwohl wurde gleichgeartete Bestrebungen innerhalb Russlands, etwa in Tschetschenien mit einer Brutalität niedergeschlagen, die sich nur an den dunkelsten Momenten der Menschheit vergleichen lässt, aber das nimmt Herr Putin natürlich in seiner Darstellung der Verhältnisse heraus, auch wie er in Syrien agieren lassen hat, wobei auch hier einzuschränken wäre, ob unsere westliche Berichtserstattung uns verlässlich davon erzählt.
Kurzum, es gibt in der Bewertung der gegenwärtigen Ereignisse zu viele Beweise und hier noch zu verifizierende Indizien, die Putins Schuld vor einem internationalen Gerichtshof erbringen könnten, um zu einem Urteil über ihn gelangen zu können und wie er sich dies selbst sicher gut vorstellen kann, wie es andere Diktatoren schon vor ihm getan haben, wird er natürlich alles und vielleicht sogar das Schlimmste tun, um dem zu entgehen.
Eine verfahrene Situation, viel, viel schlimmer als Kuba 62, denn da gab es weder Corona, noch die Sorge um dem kommenden Klimawandel…“
„Und was geschieht jetzt, Papa?“
„Also in alten Geschichten und Filmen erschien in einem solchen Moment eine Bedrohung, die so gewaltig war, dass zwei alte Kontrahenten ihren Zwist begraben mussten, um sie gemeinsam zu bewältigen, ein großer Asteroid, eine Invasion von Außerirdischen, aber immer eine Bedrohung und Drohungen, mein lieber Sohn, Du weißt es und ich auch, erzeugen Angst und Angst, ich habe darüber geschrieben auf der Startseite meines Blogs, ist einfach kein erstrebenswerter Zustand für eine schöpferisch angelegte Menschheit, weil sie immer eher einengt, begrenzt und abwehrt, statt sich der Inspiration zu öffnen, wo sie sich zeigt und wir selbst als schwimmende Mäuse in einem Milchtopf gelangt einfach lange genug strampeln, um sie in Butter zu verwandeln…“
..oder darauf zu setzen, dass sich Steve Rogers ein weiteres Mal dem Diktat der Vereinten Nationen widersetzt um das offensichtlich Richtige zu tun.
Ich möchte mich an dieser Stelle bei meinem Sohn dafür entschuldigen, dass ich ihn einmal mehr nach meinem Fußballkommentar im Mai 2020 in eine Rolle hinein schreibe, die er faktisch längst verlassen hat als der junge, nun studierende und durchaus kritische Geist, der er mir ist, doch mein Lieber, es setzt eine alte Tradition fort, die schon vor den antiken Griechen begonnen hat, wie Du bei Deinem Studium vielleicht feststellen wirst (oder es längst aus der Walddorfschule weißt..), dort aber besonders nachhaltig bemüht wurde, in einem fiktiven Zwiegespräch den eigenen Standpunkt heraus zu stellen. Du darfst mich in Deinem Blog dafür gern als das senile Gegenbeispiel anführen, wenn Du grad mal eines brauchst, okay?