Genesis, Take 1

Manche Manifestationen benötigen ein Medium (wie Regen) um ihrer gewahr zu werden...
Manche Manifestationen benötigen ein Medium (wie Regen) um ihrer gewahr zu werden...

 

 

 

 

                                   „Fernsehen wird durch Bild erst schön!“

 

 

Im Anfang war das Wort.., mit diesen Worten beginnt bekanntermaßen das Evangelium des Johannes.

 

Dem Einvernehmen nach ist sein Text der am schwierigsten zu interpretierende unter den Evangelien, zugleich ist er der Einzige, der mit dieser Feststellung beginnt, die Bezug findet im ersten Buch des Alten Testaments, der Genesis, dem Es werde Licht!

 

Was mag Johannes wohl bewogen haben, sich von den anderen Evangelisten und ihrer Sicht auf die Geschichte Jesu in der Art abzugrenzen, dass er seine Leser sogleich aus der Bequemlichkeit des passiven Empfangens herausreißt in eigenes Denken?

 

Und wie vielen Menschen unserer Analphabeten Jahrhunderte ist dieses Evangelium wohl vorgetragen worden, immerhin an letzte Stelle gesetzt nach den drei anderen und was kann da jetzt schon noch kommen, würde sich heute manch Serial-holic sagen, wo sich die Vorhergehenden doch auch schon immer wiederholt hatten im Wesentlichen und kein bisschen Abweichen, das schlichte Gemüter unterhält, etwa dass Jesus die drei ersten Römer noch als Pasta Buffet den Jüngern zum Abendmahl bietet, nur um klar zu machen, was er noch könnte, bis hinauf zum Kaiser, doch er stellt sich ihnen, weil das ihn vom Menschen zum Gott erhebt und das abgeschlagene Römer Ohr ist da nicht lediglich ein Teil eines Vorspeisentellers.

Oder wie wäre die Variation, das Jesus zumindest mal in Versuchung gerät vor Maria Magdalena in jener Herberge und begegnet sich da vor dem Automaten mit dem Steinigung Zubehör und er erschienen, den auf dauerhaft Defekt umzustellen (warum sie hier erscheint, wissen wir spätestens seit der letzten Versuchung Christi).

 

Johannes hält sich aber nicht mit solchen Erwartungen an ihn auf, im Gegenteil: Am Anfang war das Wort, also macht was damit!

 

                         Oh, dieser Hundsfott, er verdirbt einem doch die Leser!

                       (Springer, Urvater h.c.)

 

Wer mit der Zahlenmystik des biblischen Judentums schon in Berührung gekommen ist, wird vielleicht zustimmen, dass Johannes seine Worte frei von Zufälligkeit nach ihrem inne ruhenden Zahlen und Gleichnis Wert gewählt haben könnte.

 

Und auch wenn er kein Jude (oder Glaubensjude) gewesen wäre, als Schreibender und also Lesender dürfte ihm Tora und Kabbala bekannt oder zugänglich gewesen sein und er sich also ihrer Wege bedient haben können.

 

Wenn sie ihm dagegen unbekannt gewesen sind, hat sich Johannes vielleicht nur dem großen Weltgedächtnis geöffnet, vielleicht mittels einer historisch verifizierten, genutzten Rauschdroge, ist unabhängig von Vorbildern und deren Einflüssen zu seiner Erkenntnis gelangt, wie sich das etliche Male in der Menschheitsgeschichte finden lässt, zumal König Salomon resümiert, dass es da nichts Neues gibt in der Welt, ein klarer Hinweis darauf, dass die Möglichkeiten der originären Erfahrung begrenzt sind in einem ebenso begrenzten atmosphärischen Raum, wo das Ausschwingen von einem bedeutsamen Getan- Sein noch Generationen beeinflusst, zeigt sich an der Kreuzigung und wo ihrer noch immer als bedeutsam gedacht wird, es gibt auch bei uns heute noch keine Musik auf dem Dom am Karfreitag, nicht mal von der leicht verstimmten Orgel im Monster Labyrinth und das in einer protestantisch geprägten Kaufmannsstadt, wo es einem eigentlich zur Einsicht genügen sollte, dass das Leben kein Vergnügen ist, wenn man es wie Jesus gegen die Obrigkeit angeht, Schuster, bleib bei deinen Leisten…

 

(und wieder ruft mir das meinen Großvater ins Gedächtnis, Enkel einer Hamburger Kaufmannsfamilie, Dynastie wohlmöglich, durch die Liebe seines Vaters zur Sozialdemokratie und zur nicht standesgemäßen Frau in solchen Kreisen nun verfemt, nahm er seinen eigenen Weg, der ihn hoch nach Schottland geführt hat bis zum Sommer 1914 und würde ich je die Geschichte seines Lebens schreiben, ich nannte sie Das tapfere Schneiderlein (das war nämlich der Beruf, den er dann gezwungen worden war zu lernen) oder Löwenherz (sein Vorname war Richard) und wenn er wirklich tapfer gewesen ist, dann eher in einem Sinn, dass das Leben zu groß ist, um an ihm zu scheitern).

 

Es wäre als eine weitere Möglichkeit aber auch möglich (mathematisch zumal), dass es ein reiner Zufall war, der Johannes ausgerechnet diese ersten Worte wählen ließ.

Oder dass er mit ihnen eingesteht, dass ihm selbst nichts Originelles einfällt für einen Einstieg in das Thema Christi und er erst bei den Offenbarungen etwas mehr aufdreht, die werden dann auch gern von ihm zitiert, weil sie einschüchtern, wenn man das noch ein bisschen ausschmückt vor Leuten, die es selbst nicht nachlesen können.

Einigkeit erzielt sich lediglich darin, festzustellen, dass die Bibel das wohl am weitesten auf der Welt verbreitete Buch ist und mit der höchsten Auflage. Selbst Bild kann von einer solchen nur träumen, während es sich, wie andere Publikationen auch der großen Macht der Worte mit jeder Schlagzeile bedient, die zur Macht der Töne werden, wenn sie von Zeitungsjungen ausgerufen werden, denkt an Hitlers Erfolg als Redner, der sich bei ihm einstellte, wenn er sich in Rage redete (..mal in Rage redete wäre hier alternativ zu formulieren gewesen, aber nicht bei einem Hitler).

 

Von Worten der Macht haben wir schon als Kinder gehört, oder?

Wenn die brave Müllers Tochter am Schluss ihren Rumpelstilzchen Triumph genießt.

Oder der Kalif von Bagdads sein Mutabor nicht mehr erinnert als ein Storch, weil er verbotenerweise zuvor doch gelacht hat (und wir wissen auch von Lot’s Weib, wie das Ignorieren einer Warnung ausgehen kann)*

 

Es erscheint mir leichtfertig, kindliche Beispiele hier einfach abzutun, die aus Märchen und Sagen überlieferten zumindest, weil die immerhin Zeiten überdauert haben, es war einmal eine Angabe ist, die gesunder Menschenverstand, sobald er sie hört, zwar als märchenhaft einsortiert, doch bestimmt ließe sich auch modernes solcherart lehren, die Kritische Theorie als ein Beispiel und nicht so, wie die Jünger Adornos das bevorzugen, Worte der Macht können durch umständliche Ausführung nämlich auch so verändert werden, dass ihre Macht sich gegen die Urheber richtet (vielleicht erklärt uns dies die bei manchen Intellektuellen zu beobachtende Welt- und Lebensfremdheit?)

 

Ein anschauliches Beispiel dafür findet sich mit dem Wort Opfer. In Fischer großem Jugendlexikon (in 24 Bänden), dass meiner Frau in ihrer Jugend die Welt der 1980er Jahre erklärt hat, findet sich zu diesem Wort noch eine ausschließlich religiös/kultische Bedeutung.

Heute ist jeder schon ein Opfer, wenn er schuldlos in einen Unfall verwickelt wird oder von einer Straftat betroffen ist. Was das mit Hingabe zu tun haben soll, wird einen in Auschwitz oder anderswo Ermordeten ebenso wenig trösten wie einen Juristen über-zeugen, den man auf die eigentliche Bedeutung dieses Wortes hinweist.

Aber es tut seine Wirkung in unserem Leben.

 

In ihrem Buch Zaubergarn beschreibt die Münchenerin** Luisa Franca den Besitz einer heiligen Flöte aus einem Winkel Neu-Guineas, über die gesagt wird, sie sei den Frauen ihres Schöpfervolkes, von deren Männern betrunken gemacht, in ihrem berauschten Schlaf geraubt und danach im Haus der Männer versteckt worden, dass für Frauen auch heute noch Tabu ist, wodurch sie ihre Macht also verloren und auch nicht mehr zurückgewinnen konnten, um, wie Franca resümiert, künftig nach der Pfeife der Männer zu tanzen, ganz im feministischen Duktus ihrer Zeit.

 

Eine nette Geschichte ist es trotzdem, oder, zumal für uns Männer, sich schlau genug gezeigt zu haben, fast zu Odysseus aufgeschlossen.

 

Was Franca da aber nicht weiter denkt, ist der Umstand, dass mit der Flöte eine Kraft assoziiert wird (die sie selbst auch zunächst nicht zum Klingen bringt, wie sie eingangs beschreibt), die erst erkannt sein will sein will und dann bewirkt.

Die Männer dagegen versuchen die Macht der Flöte zu beherrschen.

Kommt euch da auch sofort der Zauberlehrling in den Sinn, wenn ihr euch diese Männer in ihrem Männerhaus beim nächsten Clubabend vorstellt, wie sie die Frauen Flöte ausprobieren und es dann 40 Tage lang nur Bier regnet?

Und selbst, wenn es nur Wasser gewesen wäre, wie sie enttäuscht bemerken, hat das

an anderer Stelle der Welt (zu vielleicht derselben Zeit) zu einer Sintflut geführt.

 

Liegt hier auch ein Ursprung des Zölibats (das ursprünglich auch eine totale Kastration gewesen sein könnte, um sich dem Weib eben so nahe wie möglich zu machen, beim Versuch, dieses verflixte Instrument zu beherrschen)?

 

Da dies in eine Zeit ohne schriftliche Aufzeichnungen fällt, können wir hier recht frei spekulieren oder, wie Sherlock Holmes gelegentlich anmerkt, aus den vorhandenen Fakten deduzieren, was damals mit absoluter Sicherheit nicht geschehen sein kann. Und das Mammuts damals geflogen sind, gehört da noch zu den gewisseren Dingen, die sich ausschließen lassen (aber wie wohl sind sie dann bis nach Ost-Sibirien gelangt über hohe Gebirge oder die breiten Ströme, an denen zuletzt wir Deutschen gescheitert sind?).

 

Nüchtern betrachtet hat die Bedeutung dieses Instrumentes eine höhere als selbst ein Schwert im Stein, weil es eine totale Umwälzung der Verhältnisse bewirkt haben kann, wie sie sich für heute erst einmal ausdenken lassen müssten (und man landet da schnell wieder bei Neo und wie er sich die Matrix zu eigen macht nach seiner Auferstehung).

 

Jedenfalls danke ich Luisa Francia, dass sie die Flöte nicht darin versucht hat, solches zu bewirken***.

 

Und wenn ich sie hier doch noch auf die Idee dazu gebracht haben sollte, also ich stand eigentlich immer auf eurer Seite, Luisa, ehrlich, vergiss das bitte nicht und lass es ruhig ein bisschen Bier für mich (und meinen alten Schulfreund) regnen, bitte…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

*) Es gibt sicherlich auch zeitgenössischere Beispiele dafür, aber so ist das, wenn die eigenen Kinder nun inzwischen zu alt dafür geworden sind.

 

**) Feministin, Mutter und Hexe ist sie neben anderem natürlich auch, aber die gewählte Beschreibung lässt das folgende ohne geweckte Vorurteile wirken.

 

***) Das ist ehrlich gesagt und gemeint, ganz wie beim Johannes.